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Familienmediation: Getrennte Eltern (anonymisierter Fall)

In einem Vergleich vor dem Familiengericht haben die Eltern sich darauf verständigt, dass eine Mediation in Anspruch genommen werden soll. Frau Berger und Herr Strüber wenden sich an die Waage Hannover. Die Eltern sind seit vielen Jahren getrennt, leben in neuen Beziehungen und der gemeinsame Sohn Nils, 12 Jahre alt, hat Halb- und Stiefgeschwister dazubekommen.

Frau Berger hat das alleinige Sorgerecht für Nils. Jedes zweite Wochenende verbringt Nils das Wochenende beim Vater, der auf der anderen Seite der Stadt wohnt.

Seit zwei Jahren äußert Nils seiner Mutter gegenüber, dass er seinen Vater nicht mehr so regelmäßig sehen möchte. Besuche unterbleiben und werden unregelmäßig und die Stimmung zwischen den Eltern verschlechtert sich massiv. Herr Strüber vermutet, dass Frau Berger die Besuche mit Absicht verhindert und Nils negativ beeinflusst. Frau Berger wirft Herrn Strüber vor, dass er gar nicht genau hinhöre, was sein Sohn sage. Herr Strüber sei ein schlechter Vater, da es ihm nur um seine Bedürfnisse ginge und nicht darum, was Nils wolle. Da Gespräche zwischen den Eltern nicht mehr möglich sind, erhöht Herr Strüber den Druck und strengt ein Verfahren zum Umgangsrecht vor Gericht an. Hier wird der Vergleich geschlossen.

Die ersten Gespräche erfolgen jeweils als Einzelgespräche. Hier haben die Eltern die Gelegenheit, die Mediatorin kennenzulernen, sich mit dem Ablauf der gemeinsamen Gespräche vertraut zu machen und vor allem von den Dingen zu berichten, die jeweils wichtig sind. Gemeinsam mit der Mediatorin wird darüber nachgedacht, welche Themen aktuell besprochen werden sollten.

Im ersten gemeinsamen Gespräch wird sehr schnell deutlich, dass für beide Eltern die Situation emotional sehr belastend ist. Es gibt große Sorgen, dass Nils sich weiter zurückzieht. Viele Vorwürfe werden geäußert, die deutlich machen, dass alte Verletzungen immer noch nachwirken. Die Mediation schafft durch eine festgelegte Struktur einen Rahmen, in denen diese Emotionen einen Platz haben. Es gibt aber auch Raum dafür, dass die Eltern nicht mehr nur auf sich, sondern auch auf Nils schauen. Sie denken gemeinsam darüber nach, wie Nils die „verfahrene Situation“ zwischen Eltern wohl erlebt und was er bräuchte, um zu beiden Eltern guten Kontakt zu haben.

Vier Wochen später berichten beide Eltern, dass sie viel über das Gespräch nachgedacht hätten. Beide wollten versuchen, sich dem anderen gegenüber besser verständlich zu machen: Warum regt mich das so auf? Warum bin ich eigentlich so sauer? Herr Strüber berichtet darüber, wie es ist, nur „Zaungast“ im Leben seines Sohnes zu sein, der den neuen, langjährigen Partner von Frau Berger „Papa“ nennt… Frau Berger hat das Gefühl, dass Herr Strüber sie als „Feindin“ betrachtet, die ihm nur Böses will… Ein erstes Ergebnis ist, dass die Eltern sich darüber verständigen, keinen weiteren Druck auf Nils auszuüben. Der Vater ist vorerst zufrieden, wenn er regelmäßig mit Nils telefonieren kann. Herr Stüber verspricht, Nils dabei nicht auf Besuche anzusprechen. Frau Berger sagt zu, das zu unterstützen. Beide werden versuchen im Beisein von Nils (auch am Telefon) Unfreundlichkeiten zu unterlassen.

Im nächsten Gespräch geht es zunächst wieder sehr emotional zu. Frau Berger ist erbost, dass sie Schreiben von der Anwältin von Herrn Stüber erhält, deren Inhalt sie als bedrohlich empfindet. Der Mediatorin gelingt es durch gezieltes Fragen die Situation zu beruhigen. Dabei hilft auch die Erinnerung an die zu Beginn von Herrn Stüber und Frau Berger festgelegten Gesprächsregeln. Ein Missverständnis lässt sich aufklären. Insgesamt haben beide Eltern das Gefühl, dass sich die emotionale Belastung verringert hat. Es ist gut, mit der Waage einen Ort zu haben, an dem strittige Fragen auf „neutralem Boden“ besprochen werden können.

Im 4. Gespräch teilt Frau Berger mit, dass Nils es positiv erwähnt habe, dass es weniger Streit zwischen den Eltern gäbe. Herr Strüber erklärt, dass er von weiteren rechtlichen Schritten absieht, was Frau Berger sehr erleichtert.  Beide Eltern haben das Gefühl, auf einem guten Weg zu sein. Verlorenes Vertrauen muss wiedergewonnen werden, das geht nur durch positive Erlebnisse. Beide Eltern haben in der Mediation gelernt, dass es hilfreich ist, sich im Gespräch „zu erklären“ und wie wichtig es ist, zuzuhören. Die Eltern verabreden ein Bilanzgespräch in drei Monaten, um getroffene Vereinbarungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

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